Last Minute 4:3 - Erst alles gewonnen, dann alles verloren und am Ende die Punkte mitgenommen!

(sm) In einem für Senne bedeutungslosen Spiel um die Ehre, in dem es für die Gastgeber aus Ubbedissen allerdings um alles ging, und das nach knapp 70 Minuten durch Tore von Ole Gruner und einem Doppelten Schlegel „gefühlt“ gewonnen war, verhielten sich die Senner im Schlussviertel wie ein aufgescheuchter Geflügelhof und kassierten in 20 Minuten noch den Ausgleich. Am Ende machte ein hochkonzentriert zu Ende gespielter Musterspielzug zum 4:3 den Unterschied aus.

Bank und Lazarett verfolgen das bisweilen muntere Treiben auf dem Platz.
Bank und Lazarett verfolgen das bisweilen muntere Treiben auf dem Platz.

Ich muss mich zunächst einmal entschuldigen: Mein eigener Anspruch an mich selber ist immer, der Mannschaft, bei der ich mitmische, ein sicherer Rückhalt zu sein. Wer kritisieren will, der muss sich das Recht dazu durch eigene Leistung, und damit meine ich im sportlichen Zusammenhang, nicht Lebensleistung, denn Alter ist kein Verdienst, immer aufs Neue verdienen. Zwar habe ich in dieser Saison, mehr oder weniger aus „heiterem Himmel“, inzwischen mehr Pflichtspielminuten absolviert, als in den vergangenen drei Jahren zusammen, zumindest im Rahmen der 1. Mannschaft, aber die 90 Minuten gegen den abstiegsgefährdeten SVU gehörten eindeutig zu den kaum glorreichen. Als Torwart muss es der Anspruch sein, in kritischen Phasen auch mal einen vermeintlich „Unhaltbaren“ herauszufischen. Das ist mir, wie so vieles andere, in dieser Partie nicht gelungen. Da helfen auch keine drei Trainingseinheiten pro Woche.

Aber inzwischen habe ich glücklicherweise die Fähigkeit, daraus die richtigen Schlüsse abzuleiten.

 

Der Waldbadexpress ging grundsätzlich mit einer beinahe zu légèren Grundspannung in die Partie gegen den, ein wenig unerwartet tief im Abstiegskampf steckenden, Gastgeber aus Ubbedissen. Die Ubbser hatten zum Rückrundenbeginn bereits den chronischen Aufstiegsfavoriten aus Brake daheim mit 1:0 besiegt und auch am Ummelner Trüggelbach einen Punkt entführt. Darüber hinaus war der SVU im Hinspiel am Senner Waldbad nur knapp an einem Punktgewinn vorbeigesegelt.

 

Zu den zahllosen Ausfällen der letzten Wochen gesellte sich beim TuS 08 Rückkehrer T.O. Epke, der sich mit Achillessehnenbeschwerden plagte. Daher ging der Waldbadexpress mit Henrik Eckseler und Stefan Dopheide als IV ins Rennen, sowie Marcel Landgraf und Til Stelbrink in den Außenverteidigerrollen. Der heute bärenstarke und überragende Ole Gruner spielte mit Kapitän Michel Dennin, der den späten Siegtreffer vorbereitete, das zentrale Duett, Dennis Ambrosius und der stets fleißige Furkan Yilmaz bemannten die Flanken. Florian Helmke und der wiedergenesene Timon Finger bemannten die Offensive. Zur Auswechselung bei schwül-heißem Wetter standen Philipp Schlegel, Luka Marquardt, Malte Hawerkamp und Moritz Dennin zur Verfügung.

 

Die Partie begann mit sofort in die Offensive gehenden und vorne stets anlaufenden Gastgebern, die bereits kurz nach Anstoß in den Senner Sechzehner eindringen können, eine Vorhergabe kann jedoch vereitelt werden, sodass das Spiel mit einem Abstoß für Senne fortgesetzt wurde. Stefan Dopheide spielt den Ball sehenswert ein und es folgt bereits in Minute eins der zweitsehenswerteste Spielzug der Partie. Ole Gruner und Florian Helmke spielen sich gegen weit aufgerückte Gastgeber per doppeltem Doppelpass weit in die heimische Hälfte und Helmke legt Gruner den Ball perfekt in den Lauf. Ole Gruner macht das dann vor dem Gehäuse ungewohnt abgezockt und schiebt den Ball im eins-gegen-eins ins lange Eck, sodass der TuS 08 jubeln und sich die abstiegsbedrohten Gastgeber „kalt geduscht“ fühlen durften.

Allerdings sind es danach die Gastgeber, die gegen unkonzentrierte und wenig ambitionierte Senner deutlich dominieren und zu zahlreichen hochgradigen Torgelegenheiten kommen. Viel zu schnell schenken die Gäste zum Teil mühsam erarbeitete Bälle wieder her, wobei sich insbesondere der agile und unermüdlich rackernde Ole Gruner als mit Abstand bester Akteur seines Teams herauskristallisierte. Von zu vielen eigentlich als ballsicher und gewandt bekannten Senner Spielern kamen da viele Ungenauigkeiten, andererseits fehlten in Ermangelung der zum System gehörenden flinken Außenläufer zu häufig Anspieloptionen auf den Flügeln. So kamen die mit viel Einsatz, Laufbereitschaft und Risiko agierenden Gastgeber immer wieder an einfache Bälle und stellten die im ersten Durchgang stark verteidigende Senner Abwehr vor große Herausforderungen. Insbesondere der erneut stark aufwartende Stefan Dopheide und der gefallende Henrik Eckseler in der Innenverteidigung entschärften viele potentiell gefährliche Situationen durch den hohen Grad an Lufthoheit, den sich beide erarbeiteten. Trotzdem kommen die Gastgeber nach einem Schuss aus Sechzehn Metern, den der Senner Keeper noch erreicht, sowie durch zahlreiche Standardsituationen, die die Senner nicht immer sattelfest verteidigen, zu vier, fünf hochkarätigen Gelegenheiten, darunter ein Pfostenschuss, die zum Senner Glück ohne Folgen blieben.

Offensiv wusste vor allem der viel Aufwand betreibende Furkan Yilmaz zu gefallen, der dann auch die zweite, große Senner Chance im ersten Durchgang besaß, mit seinem Heber aber knapp das Gehäuse verfehlte.

Ubbedissen machte im ersten Durchgang aus seiner Feldüberlegenheit und den zahlreichen Chancen zu wenig, Senne verwertete die erste sich bietende glasklare Gelegenheit durch Gruner perfekt und führt somit zur Pause ein wenig glücklich mit 1:0.

 

3:0 Senne - Da war die Welt für "Man of the Match" Ole Gruner, den späteren Dreifach-Torschützen Philipp Schlegel und den osmanischen Dauerläufer Furkan Yilmaz noch in Ordnung
3:0 Senne - Da war die Welt für "Man of the Match" Ole Gruner, den späteren Dreifach-Torschützen Philipp Schlegel und den osmanischen Dauerläufer Furkan Yilmaz noch in Ordnung

Mike Wahsner hatte dennoch kein schlechtes Spiel seiner Mannschaft gesehen und konzentrierte sich mit seiner Kritik vor allem auf die mangelnden Optionen auf den Außenbahnen. Philipp Schlegel kam zur Pause für den bemühten und wieder in Tritt kommenden Timon Finger, der bis dahin aber nur wenige Bälle erhalten hatte.

Vor dem Hintergrund der anspruchsvollen klimatischen Bedingungen brachte Philipp Schlegel frischen Wind in das Senner Angriffsspiel, musste sich aber erstmal in die Partie finden und verlor in der Offensive zunächst einige Zweikämpfe, ehe er seine Geschwindigkeit für starke Aktionen einsetzen konnte. So schnappt die zuvor gut funktionierende Abseitsfalle der Gastgeber um die 60. Minute nicht zu und Schlegel ist perfekt in Szene gesetzt entfleucht. Ganz entgegengesetzt zu seiner eher mauen Abschlussperformance in den letzten Trainingseinheiten lässt Schlegel dem Heimhüter im eins-gegen-eins keine Abwehrchance und schiebt überzeugend zum 2:0 ein. In dieser Phase des Spiels sind die Senner drückend überlegen, kurz zuvor war Luka Marquardt für den starken Til Stelbrink eingewechselt worden, der sich bei einem gewonnenen Kopfballduell eine kleine blutende Wunde zugezogen hatte. Dennoch blieben die Senner jetzt weiter drückend überlegen und erarbeiten sich zahlreiche gute Optionen. Wieder ist es Philip Schlegel, der gegen die sich aufzugeben scheinenden Gastgeber, eine starke Vorarbeit mit Auge und Präzision für das 3:0 nutzt. Senne geht in den Folgeminuten zu leichtfertig mit weiteren sich bietenden Gelegenheiten um, da durch die Auswechselung von Stelbrink und die Verschiebung von Marcel Landgraf ins Mittelfeld die Defensive Stabilität zunehmend verloren geht. Ubbedissen hatte bis dahin im zweiten Durchgang nicht eine einzige ernstzunehmende Gelegenheit gehabt. Nach dem 3.0 gab es eine weitere Trinkpause und damit ging der gesamte zumindest noch halbwegs intakte Spielfluss der Senner Garde verloren. In der Zentrale herrscht keine Ordnung mehr und plötzlich können die Gastgeber, die es immer mal wieder mit langen Bällen in den Raum versucht hatten, direkt in der Mitte einen flachen Ball durchstecken, den die nicht mehr gestaffelte Defensive der Senner verpasst abzufangen. Zwar können Luka Marquardt und Stefan Dopheide den alleine in Richtung Tor ziehenden Angreifer noch vor dem Sechzehner abfangen, dieses aber nur auf Kosten eines Freistoßes direkt am Sechzehner.

 

Der Freistoßspezialist der Gastgeber lässt sich dafür nicht zwei Mal bitten und schießt einen harten und platzierten Kunstschuss in den rechten Giebel des Senner Tores. Der Senner Hüter hatte auf einen Schuss über die Mauer spekuliert und hatte die Torwartecke ein Stück weit preisgegeben, dafür war jetzt der Tribut in Form des Anschlusses fällig.

Senne kriegt in der Folge trotz der zuvor überlegenen Spielweise nicht mehr viel gebacken. Zwar ergeben sich aufgrund der verzweifelt anrennenden Gastgeber jetzt Kontergelegenheiten, diese werden aber unkonzentriert und zum Teil fahrlässig verdaddelt, sodass immer wieder Gegenstöße der abstiegsbedrohten Ubbser möglich werden. Es gibt viele Standards und Ecken und die Senner Defensive wankt beträchtlich. Eine von zahlreichen Ecken von links wird am langen Pfosten immer länger, der Senner Torwart kommt nicht mehr passend an die Kugel und am langen Pfosten steht mutterseelenallein ein Ubbedisser Angreifer, der sich für den Torwartfehler mit dem 2:3 bedankt. Jetzt ist in diesem bereits entschiedenen Spiel deutliche Hektik und die Gastgeber werfen alles nach vorne, um erneut gegen die völlig aus der Spur gekommene Senner Mannschaft zu treffen. Es läuft die 90. Spielminute, als die Senner auf der linken Seite einen viel zu einfachen Ballverlust einschließlich schwerem Stellungsfehler verursachen und plötzlich der Torjäger des Heimteams alleine mit dem Ball am Fuß auf das Tor zulaufen kann. Im eins-gegen-eins behält der Ubbser Angreifer die Nerven und vollendet ohne Probleme zum 3:3-Ausgleich. Zuvor hatten die Gastgeber durch zwei weitere Eckstöße Gelegenheiten gehabt.

 

Legte man die Ozeane von Pech und Unglück zu Grunde, die die Senner in den vergangenen Wochen zu verbuchen gehabt haben, so war in den letzten Minuten der Nachspielzeit jetzt sogar noch eine Niederlage durchaus im Bereich des Möglichen. Aber, als wäre mit dem Ausscheiden aus dem Aufstiegskampf eine neue Zeitrechnung angebrochen, so wendete sich das Schicksal nun zugunsten der Jungs aus der blühenden Senne.

Ein letzter Angriffszug läuft über den brillant alles auf eine Karte setzenden Michel Dennin, der sich auf der rechten Seite sehenswert durchtankt und in der Zentrale den Doppeltorschützen Philipp Schlegel ausmacht. Dennin bringt eine perfekt präzises flaches Zuspiel zustande, dass der völlig alleine gelassene Schlegel ohne größere Mühen in die Maschen setzt: 4:3 Senne, Anstoß, Feierabend.

 

Ein Spiel, das im ersten Durchgang durch die aufopferungsvoll laufenden und kämpfenden Ubbser geprägt war, dem die Senner eigentlich nur eins entgegenzusetzen hatten und das war eine stabile Defensive und ein herausragender Ole Gruner, der schier überall zu finden war. Vorne, hinten, auf der Flanke und wenn nötig im Tor oder wie beim 1:0, beim Tore schießen. Gruner ackerte sich 93 Minuten lang ab und zeigte eine herausragende Einstellung, an der sich viele, einschließlich des Verfassers, eine Scheibe abschneiden dürfen.

Im zweiten Durchgang eine lange Zeit ein spielbestimmendes Senner Team, das die 3:0-Führung in der 67. Spielminute mit dem Schlusspfiff verwechselte und offensichtlich der Auffassung war, dass die Gastgeber geschlagen wären. Jeder, der das 3:7-Fiasko vor anderthalb Jahren miterlebt hat, der weiß aber, dass man sich auf dem Ubbedisser Geläuf nie sicher sein kann und hier blitzschnell viele Tore fallen können.

 

Es bleibt immer nur zu hoffen, dass das Senner Team aus solchen Erlebnissen für die kommenden Jahre lernt und man sich die Leier vom „nicht abgewixt genug“ sein, nicht auch in der kommenden Saison weiter anhören darf. Vielleicht bringen ja die in Aussicht stehenden und bereits zugesagten Verstärkungen in diesem Punkt etwas mit, denn Naivität und Ungestümheit hat in dieser Spielzeit bereits zu viele Punkte gekostet und ist sicher eines der mannschaftlichen Eigenschaften, an denen deutlich gearbeitet werden muss.

 

Ich für meinen Teil hege -wie in jedem Jahr- die große Hoffnung, zumindest für die 1. Mannschaft nicht mehr auflaufen zu müssen. Die Erkenntnis, dass es vor dem Hintergrund der Erwartungen, die so eine Mannschaft an einen Torwart berechtigterweise hat und vor dem Anspruch, den ich an mich selber stelle, nicht mehr reicht, ist ja nicht von gestern, sondern eine seit langer Zeit gereifte Realität.

 

Also: Vielen Dank für die aufmunternden Worte, Luka und Marcel, aber es reicht jetzt glaube ich wirklich!

 

Am kommenden Pfingstmontag ist der Waldbadexpress zu Gast beim durch den Senner Sieg in Ubbedissen bereits gesicherten SC Peckeloh.

 

Anstoß auf dem Naturrasen in Peckeloh ist um 1245 Uhr, die Jungs vom Waldbadexpress würden sich freuen, wenn das eine oder andere bekannte Gesicht den Weg zum entferntesten Auswärtsspiel der Saison auf sich nähme.

 

Man of the Match: Ole Gruner