„Not-Express“ trifft drei Mal „Alu“ – Beim 1:2 in Ummeln bietet letztes Aufgebot grandiosen Fight

(sm) Der Fußballgott hat sich vom wackeren Waldbadexpress, der beim Nachholspiel in Ummeln allenfalls ein „Not-Express“ war, abgewendet. Allerdings muss der erste Satz mit dem zweiten gleich wieder revidiert werden: Auch wenn die erste Viertelstunde schwach und orientierungslos war und das Spiel hier verloren ging, hat sich das Senner Team der vermeintlichen Reservisten und Rekonvaleszenten über weite Strecken nicht nur gut verkauft, sondern in den zweiten Fünfundvierzig sogar überlegen das Spiel gemacht. Aus Senner Sicht schade, dass den Tabellenführer drei Mal das Aluminium rettete.

Hatte man gedacht, dass der Auftritt am 16. Spieltag in Jöllenbeck den personellen Tiefpunkt beim TuS 08 beschrieben hätte, so sah man sich beim Nachholspiel am 1.Mai gegen Tabellenführer Ummeln eines Besseren belehrt. Die klassische „Seuche“ am Fuß führt Woche für Woche vom einen verfrühten Saisonaus aufgrund von Verletzung, zum nächsten. Diejenigen, die auf dem Fußballplatz dem Ball hinterherjagen treffen alles, aber nicht das Tor. Würden Pfosten- und Lattentreffer auch zählen, die Senner Elf hätte in der Rückrunde noch nicht ein einziges Spiel verloren.

 

Zum Gelb-Rot gesperrten Philipp Schlegel, gesellte sich der erst gerade wieder im Kommen begriffene Matthes Schwabedissen mit Bänderriss aus dem Häger-Spiel. Niko Kompodietas passte kurzfristig mit Knieproblemen, Luka Marquardt wollte seinen Zug nach Köln nicht verpassen und fehlte den Waldbadkickern ebenso. Torwart Florian Krogmann weilt nach lebensbedrohlichen Momenten mit Herzmuskelentzündung im Krankenhaus. Die Ausfälle von Malte Gruner und Simon Czernia stehen ohnehin seit Wochen fest, und so könnte man hier munter fortsetzen.

Allerdings brachte es der brillant agierende, Regie führende und kämpfende Kapitän, Michel Dennin, im „Circuit d’Amour“ vor dem Anstoß auf den Punkt: „Wir können hier jetzt rumheulen, dass so viele fehlen, oder wir reißen uns hier den Arsch auf und probieren die so gut es in unserer Macht steht zu ärgern.“

Wahrlich war es ein sonderbarer Haufen der letzten Aufrechten, die Mike Wahsner und Christian Lyko in das prestigeträchtige Derby gegen Lokalrivalen VfL Ummeln warfen:

 

Im Tor musste Ü40-Anwärter Stefan Mahne, Florian Krogmann und Lukas Steinfels vertreten, der vor drei Jahren in der Kreisliga B zum letzten Mal in einem Pflichtspiel für die erste Mannschaft aufgelaufen war. Lediglich die Verteidigung blieb im Vergleich zum Wochenende bestehen und zeigte, mit Ausnahme des schwachen Anfangssechstels, eine starke Partie. Insbesondere Stefan Dopheide und Malte Hawerkamp steigerten sich in der Innenverteidigung zu absoluten Topleistungen, während Marcel Landgraf in der Schlusssekunde sogar den Ausgleichstreffer auf dem Fuß hat, aber -natürlich- nur den Pfosten trifft.

Auf der Sechs spielte der ebenfalls angeschlagene Kapitän Michel Dennin eine begnadete Partie und biss sich Minute für Minute aus seinem Leistungstief heraus und steigerte sich zu seiner besten Rückrundenleistung. Dem Senner Spielführer, der immer wieder als Antreiber und Taktgeber agierte, warf sich in jeden Zweikampf und ackerte grandios. Auch Ole Gruner schien sich von seinem „Black-Sunday“ erholt zu haben und arbeitete redlich an einer guten Performance. Auf den Flügeln gab ein Duo seine Aufwartung von Beginn, das in dieser Form bisher noch nicht aufgelaufen war. Dennis Ambrosius und Furkan Yilmaz, ihres Zeichens absolute Trainingsweltmeister und stets zuverlässig, gaben deutliche Signale und empfohlen sich über couragierte und engagierte Leistungen für mehr. Ambrosius, mit seiner „linken Klebe“ überzeugte mit schönen Vorher- und Hereingaben, während Furkan Yilmaz mit enormen läuferischen Einsatz viele zweite und dritte Bälle eroberte, sowie Ballverluste im Gegen Pressing ausbügelte. Offensiv gab ein Duo seinen Einstand, dass in der Form wohl zuletzt vor vier oder fünf Jahren auf dem Platz stand. Flori Helmke und Rückkehrer sowie U18-Jugendkoordinator Tim Oliver Epke zogen ihre Kreise und machten das mit Bravour. Helmke ackerte entsprechend seines Typus als hängende Spitze und provozierte viele Fehler in der Ummelner Hintermannschaft, während Epke zu Beginn noch zögerlich, dann aber immer durchschlagskräftiger die Gastgeber-Defensive vor Herausforderungen stellte. Epke erzielte auch den hochverdienten Anschlusstreffer.

Auf der Bank nahm -wirklich einsatzbereit- nur Til Stelbrink Platz, während Timon Finger nach vierwöchiger Abstinenz aufgrund einer Bänderverletzung erst langsam wieder auf den Platz zurückkehren kann. „Big Mo“ Moritz Dennin fehlt dem Waldbadexpress bereits seit Januar, seine Bereitschaft trotz schmerzhafter Entzündung doch zumindest zur Verfügung zu stehen, wenn auch nur als mentale Stütze, verdient hier ein besonderes Kompliment. Was die Dennin-Brüder da für diese Mannschaft einbringen ist schon großartig.

Tja, was soll man über eine solche Partie sagen, bei der es für die eine Mannschaft um den Aufstieg geht und für die andere nur noch darum, sich in Anbetracht der Lage achtbar aus der Affäre zu ziehen und dem Gegner Charakter und maximale Gegenwehr zu zeigen.

Der heimische VfL erzeugte in der Anfangssequenz enormen Druck, dem die zusammengewürfelte Senner Mannschaft während der eigenen Findung nicht viel entgegensetzen konnte. Bereits nach vier Minuten passte am Senner Sechzehner die Zuordnung nicht, beim Abspiel an der Sechzehnerkante kann ein Ummelner Angreifer, in Ermangelung eines direkten Gegenspielers, in aller Seelen Ruhe das Leder annehmen und über den etwas zu weit vor dem Gehäuse stehenden Senner Keeper zum 1:0 einschießen. Auftakt nach Maß für den Meisterschaftsfavoriten, kalte Dusche für die Senner. Aber es sollte noch schlimmer kommen. Ummeln zu Beginn drückend überlegen, zog das Spiel clever auf und nutzte die mangelnde Abstimmung beim Lokalrivalen. Nach einer Ecke kriegen die Senner den Ball nicht weg, beim Solo in den Senner Strafraum wird der Angreifer gefoult, Elfmeter Ummeln. Jetzt bekamen es die Jungs aus 33659 knüppeldick und es galt ein Fiasko zu verhindern. Doch ein Fünkchen Hoffnung: Der zu schwach geschossene Strafstoß findet den Weg über die Torlinie nicht und es bleibt beim 1:0.

 

Ummeln aber weiter am Drücker und kurz darauf spielt der Gastgeber einen Konter sauber zu Ende, in dessen Folge die 2:0 Führung steht. Ummeln bleibt dran, Senner stemmt sich jetzt zwar mehr und mehr gegen das Unvermeidlich erscheinende, aber ist in der Folge für Konter anfällig. Kurz darauf erscheint der flotte Rechtsaußen der Gastgeber alleine vor Stefan Mahne, zielt aber am langen Eck vorbei. Wenige Minuten später wieder ein Konter, völlig frei wird der zentral mitgelaufene Angreifer der Ummelner bedient, aber der Senner Torwart ist auf dem Posten.

Die Senner mühten sich jetzt aber, zentral leisten Michel Dennin und Ole Gruner Schwerstarbeit, auch Epke und Helmke können starke Szenen verbuchen, sodass der Ummelner Angriffsreigen bis auf einen Freistoß und eine weitere Konterszene unterbrochen war.

Dopheide und Hawerkamp gewinnen ab diesem Moment so gut wie jedes Luftduell und Zweikampf, sodass sich ab der 30. Spielminute zusehends eine Senner Feldüberlegenheit ergibt, die einzig durch die blitzschnelle Umschaltbewegung der Gastgeber unterbrochen wird.

Nach 36 Spielminuten wird der engagierte Auftritt der Waldbadkicker dann auch belohnt, nach einer Kopfballstafette nickt Tim Oliver Epke zum Anschlusstreffer ein.

Aber hier wirkten die Gastgeber zunehmend verunsichert und war von ihrem druckvollen Auftakt nicht mehr viel zu spüren. Mehr und mehr kommen die Senner durch die bemüht und engagiert arbeitenden Ambrosius und Yilmaz zu Torraumszenen und dadurch auch zu Standards. Nach einer perfekt vorgetragenen Ecke von rechts springt „Center“ Malte Hawerkamp am höchsten und… trifft natürlich mit seinem wuchtigen Kopfballtorpedo die Querlatte des Ummelner Gehäuses.

 

Die Senner schworen sich in der Unterbrechung nochmal darauf ein, sich hier bis zur letzten Sekunde nicht aufzugeben, diese letzte Sekunde sollte noch symbolischen Charakter erwerben.

 

Auch in Durchgang zwei verlagerten sich die zuletzt meistens mit einem Tor Unterschied siegenden Gastgeber darauf, defensiv massiv zu stehen und ihr Heil in schnell vorgetragenen Kontern zu suchen. Senne machte mit seiner vermeintlichen „Rumpfelf“ klar das Spiel und stellte im zweiten Durchgang das bessere Team, wovon man sich aber ja bekanntlich nicht viel kaufen kann. Trotzdem machen Helmke und Epke das in der Offensive großartig und verdienen sich ein Sonderlob. Epke ist mit seiner kantigen und dennoch technisch beschlagenen Spielweise ein ständiger Unruheherd und wird immer gefährlicher. Jetzt sind es die Senner, die insbesondere auch durch die starken Vorstöße von Marcel Landgraf über die linke Seite, immer näher an das dicht verteidigte Tor der Ummelner rücken. Nach einem an Landgraf verursachten Freistoß in bester Tordistanz wird es einmal mehr mysteriös auf dem Ummelner Grün. Kapitän Michel Dennin zirkelt einen perfekt getretenen Freistoß um die Ummelner Mauer, der Ball schlägt an den Pfosten, von dort aus an die Brust des Ummelner Keepers und von da aus bleibt er einfach auf der Linie liegen. Ozeane voll Pech und Ungemach empfinden die zahlreich mitgereisten Senner Zuschauer in diesem Moment, es blieb beim 1:2. Da die rasanten Gastgeber-Konter über die linke Senner Seite jetzt zunehmend entschlossen unterbunden werden, kommt der Aufstiegsaspirant zu keinen nennenswerten Gelegenheiten mehr, die einzige gefährlicher erscheinende eins-gegen-eins Situation verpufft ungenutzt.

Senne kommt immer wieder gefährlich vor das heimische Gehäuse, Wahsner geht jetzt aufs Ganze und bringt Timon Finger für Furkan Yilmaz und später Til Stelbrink für Dennis Ambrosius, wodurch Landgraf in die offensivere Mittelfeldposition verschob. Finger sollte auch direkt eine Kopfballgelegenheit erhalten, aber der Ball landet zu zentral auf dem Ummelner Keeper. Der Ausgleich liegt in der Luft, Ummeln verteidigt beherzt und mit allen Mitteln, nur noch wenige Sekunden sind zu spielen, als Senner noch einmal einen Einwurf beinahe auf Höhe der Torauslinie erhält. Es gelingt den Ball nochmal vorher zu bringen, die Ummelner Defensive wirkt nicht geordnet, der Ball wird in zentraler Position nochmal einen weiter nach links gelegt, wo Marcel Landgraf in wenigen Metern Tordistanz in die Situation spritzt. Der Ummelner Keeper ist schon geschlagen, das Tor ist völlig verwaist, aber Landgraf, der wie das gesamte Team eine enorme, Kräfte zehrende Leistung dargeboten hat, er trifft nur den Pfosten. Mit dem dritten Senner Pfostenschuss im Spiel pfeift der Unparteiische ab und der Waldbadexpress hat es wieder einmal selber in der Hand gehabt, aber einfach seine klarsten Gelegenheiten nicht genutzt, bzw. war einmal mehr vom Pech verfolgt.

 

Völlig erschöpft und ob der großen Chancen im zweiten Durchgang enttäuscht, sinken die wackeren Senner Jungs zu Boden. Sicher hätte man sich über einem höheren Rückstand im Anfangssechstel nicht beschweren dürfen, aber andererseits sind erneut drei Alu-Treffer auch ein Statement für sich.

 

Man kann den Jungs, die sich da großartig verkauft haben, nur auf die Schulter klopfen. Das war kämpferisch und vom Engagement her die beste Leistung seit langem. Dass es am Ende nicht gereicht hat, ist einmal mehr bedauerlich, aber wie gesagt, sich selber zu bedauern ist nicht unser Ding. Damit komme ich zurück zu den so passenden und richtigen Worten des Senner Spielführers kurz vor der Partie: Sich in die verbleibenden vier Spiele reinknien, egal wer da wieder verletzt oder nicht da oder sonstwas ist. Besser wird es in dieser Saison nicht mehr, aber egal welche Jungs da auf dem Platz stehen, das ist immer noch ne „Bombentruppe“ und kann mit diesem Engagement auch jeden schlagen.

 

Kopf hoch, Brust raus – weitermachen, wir wollen noch ein paar Punkte sammeln, DIESE Saison.

 

Man of the Match: Michel Dennin