Ist das der Frühlingsexpress? Beim 6:1 Heimerfolg ist trotzdem noch „viel Luft“ nach oben

(sm) Fast zwei Jahre nach Fertigstellung kann die erste Mannschaft des TuS 08 Senne I endlich den ersten Pflichtspielsieg auf dem heimischen Mima-Kunstrasen (Mima=Mindestmaß) feiern und besiegt Aufsteiger FC Altenhagen deutlich mit 6:1. Dabei hätte es nach 90 Minuten gut und gerne zweistellig enden können, wenn nicht sogar müssen…

Der angeschlagene Kapitän Michel Dennin durfte sich schonen und kam erst spät für seinen "Creative-Twin" Niko Kompodietas
Der angeschlagene Kapitän Michel Dennin durfte sich schonen und kam erst spät für seinen "Creative-Twin" Niko Kompodietas

Nach zwei schwierigen Trainingswochen und witterungsbedingter Pflichtspielpause in der Vorwoche, durfte der heimische Waldbadexpress am vergangenen Sonntag endlich wieder zulangen. Mit dem FC Altenhagen war ein Aufsteiger zu Gast, der zu den fünf punktgleichen Teams im unteren Tabellendrittel zählte und daher am Senner Waldbad nichts zu verschenken hatte. Außerdem hatten die Gäste den Waldbadexpress im Hinspiel am Rande einer Niederlage, ehe sich die Senner durch einen Kraftakt noch erfolgreich aus der Affäre ziehen konnten. Allerdings stellt sich wohl völlig unabhängig von der Spielklasse den meisten sportlich Verantwortlichen derzeit eine wesentliche Frage: Wieviele Akteure meines Kaders werden mir krankheitsbedingt an diesem Wochenende ausfallen und auf wen kann ich zurückgreifen?

Diese Frage mussten auch die Trainer aus Senne und Altenhagen beantworten und kamen offensichtlich zu unterschiedlichen Ergebnissen. Mike Wahsner und Christian Lyko hatten insgesamt die meisten Akteure wieder zur Verfügung, wobei Kapitän Michel Dennin aber krankheitsbedingt geschont wurde und erst im Schlussdrittel ran durfte. Florian Krogmann im Senner Tor hatte sich zwar von seiner Schulterverletzung aus der Partie gegen Versmold noch nicht wieder vollends erholt, machte aber insgesamt wieder einen sicheren Eindruck, beim unglücklichen Gegentreffer traf ihn keine Schuld.

Das Abwehr-Trio bildeten „Tower“ Stefan Dopheide, „Center“ Malte Hawerkamp und „Turbo“ Marcel Landgraf, wobei die Defensive bis auf in wenigen Szenen einen sattelfesten Eindruck vermittelte. Neben dem insgesamt etwas unauffälligeren Niko Kompodietas in der Schalt- und Waltstelle des Senner Spiels, legte vor allem Ole Gruner einen starken und ungemein griffigen Auftritt hin. Gruner avancierte über 90 Minuten zum „Zweikampf-Beast“ der Senner Elf und belohnte sich am Ende für seinen großartigen kämpferischen Einsatz mit dem Tor zum 6:1 selber. Über die Flanken kamen die zuletzt weniger überzeugenden Simon Czernia und Luka Marquardt, beide zeigten sich deutlich formverbessert. Malte Gruner, offensiv und erstmalig als Kapitän im Einsatz, zeigte über 90 Minuten eine stete Entwicklung zum Einfachen aber Effektiven hin und belohnte sich am Ende für diese Metamorphose mit zwei Toren.

Mit Gruner zusammen spielten Timon Finger und Florian Helmke das Offensivtrio, wobei Timon Finger die schwierigste der sich ihm zahlreich bietenden Gelegenheiten -natürlich per Lupfer- nutzte, während Florian Helmke einmal mehr seinen unschätzbaren Wert für das Senner Ensemble unter Beweis stellte und die wichtigen Treffer zum 1:0 und 2:1 beisteuerte.

Somit warteten Til Stelbrink, Dennis Ambrosius, Marvin Hülse und Furkan Yilmaz neben Kapitän Michel Dennin neben dem Platz auf einen etwaigen Einsatz.

 

Malte Gruner verlädt den Gästekeeper und trifft per Strafstoß zum vorentscheidenden 3:1
Malte Gruner verlädt den Gästekeeper und trifft per Strafstoß zum vorentscheidenden 3:1

Mike Wahsner verhehlte vor der Partie kaum, dass er mit einigen Entwicklungen der vergangenen zwei Wochen kaum zufrieden sein konnte, manch einer der Aktiven schien die Worte dann auch auf dem Feld beherzigen zu wollen.

Die erste starke Spielszene gehörte dann aber den deutlich ersatzgeschwächten Gästen, als quasi mit dem Anpfiff ein Durchstoß über die wohl noch nicht ganz wache linke Senner Seite gelang und die Senner sich glücklich schätzen konnten, dass die mustergültig vorhergegebene flache Vorhergabe keinen Abnehmer in orangem Trikot fand.

Senne übernahm dann zwar auf eigenem Geläuf die Spielregie und spielte flexibel, mal über Kurzpässe, mal über gefühlvoll lange Kompodietas-Bälle, einige Gelegenheiten heraus, aber die Chancenverwertung im Anfangssechstel war mangelhaft. Insbesondere Timon Finger, der sich über die Vorbereitungswochen hinweg als sichererer „Knipser“ bewiesen hatte, scheiterte gleich zwei Mal aus aussichtsreichsten Positionen. Die Gäste konzentrierten sich bis dahin auf lange Bälle auf ihren Top-Stürmer, der aber bei Stefan Dopheide regelmäßig gut aufgehoben war.

Senne war über 90 Minuten das aggressivere, das griffigere Team, wodurch zahlreiche Ballgewinne insbesondere durch den kampfstarken Ole Gruner zustande kamen. Ole Gruner war es auch, der immer wieder Ungenauigkeiten und Ballverluste durch zu verschnörkelte Spielereien in der offensiven Zentrale durch sofortiges Gegenpressing ausbügelte und somit den Angriffsschwung seiner Farben aufrechterhielt. Endlich nutzte die Waldbadequipe den kleinen und schmalen Platz auch mal zum eigenen Vorteil, was sich in den brutalen und kraftvollen Einwürfen von Simon Czernia auswirkte. So platziert Czernia einen grandiosen Einwurf auf den langen Pfosten des Gästetores, den Flori Helmke spitzbübig gewittert hatte und zum verdienten 1:0 in die Maschen ballert.

 

Nach dem 1:0 ging den Senner Jungs zunehmend der Spielrhythmus und die taktische Marschroute verloren. Das vom Senner Coach gewünschte Pressing fand kaum noch statt, sodass die Gäste immer wieder mit weiten Bällen auf die eigenen Spitzen agieren konnten. Zwar räumten insbesondere Malte Hawerkamp und Stefan Dopheide die meisten der langen Bälle konsequent ab, hier und da gelang den Gästen dann aber doch der eine oder andere Durchbruch, der dann im Klein-Klein wieder abgedichtet werden musste. Auch machte sich durch viele kleine Ungenauigkeiten im Abspiel und ungewohnt viele technische Flüchtigkeitsfehler, die der enge Platz nicht verzeiht, der eine oder andere Trainingsrückstand bemerkbar.

Einen Vorwurf mussten sich die Waldbadkicker an diesem Spieltag nicht machen, es wurde häufig der Torabschluss aus der zweiten Reihe gesucht! Insbesondere im zweiten Durchgang sollte das dann auch von Erfolg gekrönt sein. Zunächst aber scheitert der glänzend freigespielte Florian Helmke mit einem sehenswerten Heber über den herauseilenden Torwart am Aluminium, gleiches widerfuhr Timon Finger, der einen weiteren schönen Einwurf per Kopf nur an die Oberkante des Gehäuses lenken konnte.

Liebhaber von Fußballweisheiten sollten kurz vor Ende des ersten Durchganges voll auf ihre Kosten kommen, hatten die Senner bis dahin doch gut und gerne fünf hochkarätige Torchancen liegen gelassen, während die Gäste, bis auf in der der Anfangsszene, insgesamt harmlos blieben.

Ein Senner Angriff läuft sich in der 45. Spielminute weit im Gästedrittel fest und gelangt nicht zum Torabschluss, die Gäste spielen einen weiten Befreiungsball über die weit aufgerückte Senner Abwehrkette auf die eigene Sturmspitze, die plötzlich auf dem Weg in Richtung Krogmann im Senner Tor ist. Zwar gelingt der Abfangeinsatz noch, aber der Ball springt dem sich im vollen Rückwärtslauf befindlichen Stefan Dopheide so unglücklich ans Bein, dass dieser für die eigentlich bereits neutralisierten Gästeangreifer ins Senner Gehäuse vollendet.

Tja, da schaute man sich durchaus verwundert an im weiten Senner Rund und man hörte die Groschen im Phrasenschwein klingeln, als sich so mancher dachte: „Wenn Du sie vorne nicht reinmachst, fängst Du Dir irgendwann hinten ein dummes Ding“, haargenau so war es.

 

Zum Glück ließ sich das junge Senner Team vom irreführenden Halbzeitremis nicht beirren und zeigte dann eine starke zweite Halbzeit, bei der endlich auch wieder Spielrhythmus und taktische Marschrichtung passten.

 

Bereits kurz nach Wiederanpfiff ist es ein Zuckerpass von Niko Kompodietas, der Luka Marquardt auf der rechten Seite sehenswert in Szene setzt. Marquardt geht dann mit Ball am Fuß schulbuchmäßig auf die Grundlinie und legt den Ball sauber flach vorher, sodass einmal mehr Florian Helmke der richtige Mann, zum richtigen Zeitpunkt, am richtigen Ort ist und die Kugel im Stocherverfahren gegen Gegenspieler und Torwart ins Gehäuse „lügt“. Florian Helmke zeigte eine wirklich großartige Partie und war der beste Senner auf dem Platz: Immer anspielbar und beinahe mathematisch präzise in Doppelpass, Ballmitnahme und Abspiel, auch auf engstem Raum immer einen Schritt vor dem Gegner am Ball und mit einem bemerkenswerten Riecher für die entscheidenden Situationen. Schön, lieber Florian, dass es trotz sich ändernder Lebensparameter gelungen ist, Dich von Deinen letztjährigen Standby-Gedanken zum Verbleib im „Aktiven Dienst“ zu überzeugen und Du der Mannschaft in der Form erhalten geblieben bist. Deinen großen Wert beweist Du bereits über die gesamte Saison – Chapeau!

 

Timon Finger erarbeitete sich zahlreiche Torchancen, nur die komplizierteste sollte er nutzen. Man of the Match Florian Helmke schaut in diesem Fall zu.
Timon Finger erarbeitete sich zahlreiche Torchancen, nur die komplizierteste sollte er nutzen. Man of the Match Florian Helmke schaut in diesem Fall zu.

 Das 2:1 gegen stark abbauende Gäste gab neue Sicherheit, die sich jetzt zunehmend in hochkarätigen Torchancen bemerkbar machte. Die Senner ließen aber auch in puncto Griffigkeit keinen Deut nach, wodurch sich die Spielführung jetzt zunehmend eintönig gestaltete. Malte Gruner kam nun Minute für Minute besser in die Partie und legte bereits kurz nach der erneuten Senner Führung erneut Florian Helmke einen Ball in die Abwehrschnittstelle, den Helmke erlief und alleine vor dem Tor auftauchen ließ. Der ihn verfolgende Abwehrspieler erwischte Helmke bei seinem Abwehrversuch deutlich hörbar am Bein und hielt ihn fest, Helmke fiel aber nicht. Der Schiedsrichter entschied dennoch auf Strafstoß, den Malte Gruner kompromisslos und sauber zum vorentscheidenden 3:1 ins Tor schob. Angriff auf Angriff rollte nun in Richtung Altenhagener Gehäuse, allerdings vergaßen die Senner das Tore schießen, bzw. offenbarten Schwächen im Abschluss. So dauerte es nach Hereinnahme von Michel Dennin für Niko Kompodietas, sowie von Dennis Ambrosius für Simon Czernia und Marvin Hülse für Luka Marquardt noch bis zur 71. Spielminute, ehe Malte Gruner mit einem grandiosen Torschuss aus 20 Metern das 4:1 für den Waldbadexpress markierte. Zunehmend über sich selbst ärgerte sich Timon Finger, der gegen die in Auflösung begriffene Gästeabwehr noch einige gute Chancen erhielt, aber einfach nicht ins Tor traf. Dafür musste erst ein schwerer Fehler in der Hintermannschaft der Gäste her, der Finger plötzlich alleine auf weiter Flur gegen den herauseilenden Gästekeeper beförderte. Die schwerste aller sich bietenden Gelegenheiten sollte Finger dann einmal mehr per gefühlvollen Heber zu nutzen verstehen, zum 5:1 für Senne.

In der 84. Spielminute kommt dann mit Ole Gruner einer der wohl am meisten Aufwand betreibenden Senner zu einer Chance, die der Nachwuchskicker aus gut 16 Metern unhaltbar flach ins linke Toreck schiebt, womit das halbe Dutzend für die Senner Elf voll war.

Aber auch danach rollte der Waldbadexpress noch weiter, beinahe in Slapstick-Manier wurden noch teils 1000%ige Gelegenheiten vergeben, sodass man am Ende aus Gästesicht mit dem 1:6 noch gut bedient war.

 

Insgesamt zeigte sich die Riege der Senner Verantwortlichen sowie die Zuschauer im kleinen Rund der bpi-Arena am Waldbad zufrieden mit dem Auftritt der heimischen Elf, allerdings darf das deutliche Ergebnis nicht darüber hinwegtäuschen, dass man im ersten Durchgang deutlich führen muss und die Chancenverwertung über 90 Minuten trotzdem nicht berauschend war.

 

Auch wenn Appelle an dieser Stelle inzwischen häufig vergebene Liebesmüh‘ sind, muss die Mannschaft jetzt ihren Blick schärfen. Es wird dabei bleiben: Die Mannschaft der fünf Vereine aus dem Spitzendrittel, die als erste beginnt „zu marschieren“ und eine echte Serie startet, wird am Ende oben stehen. Derzeit scheint das der TuS Eintracht zu sein, der regelmäßig seine Hausaufgaben macht und deshalb zu Recht ganz oben steht.

 

Das junge Senner Team wird am kommenden Spieltag zum Ortsnachbarn nach Sennestadt reisen, wo mit Türkgücü eine der wohl schwierigsten Auswärtsaufgaben der Liga auf die Senner wartet. Hier gilt es mit breiter Brust und voller fußballerischer Grundtugenden aufzuwarten, will man etwas Zählbares mitnehmen. An der Travestraße wurden in der vergangenen Saison entscheidende Duelle ausgetragen, Sennestadt hat rein gar nichts zu verschenken, hier gilt es sich zu beweisen.

 

Man of the Match: Florian Helmke