Trauma Bewältigung Teil 1: Waldbadexpress schlägt Hillegossen mit 4:0

(sm) Mit viel Geduld und einer starken Offensivleistung in den zweiten Fünfundvierzig ist der Waldbadexpress ein Stück zur Bewältigung des 1:8-Desasters in Brake gegangen und hat sich neues Selbstvertrauen geholt.

 

Luka Marquardt, hier bei der Vorbereitung des 3:0, erzielte das 1:0 und 4:0 selber.
Luka Marquardt, hier bei der Vorbereitung des 3:0, erzielte das 1:0 und 4:0 selber.

Nach einem so katastrophalen Auftritt wie der der Senner in der Vorwoche gegen Meisterschafts-favorit Brake, bleibt in der laufenden Saison leider nicht viel Zeit, um die Köpfe wieder klar zu kriegen und sich auf die nächsten Aufgaben vorzubereiten. Verständlich, denn ein solches Debakel stellt mit seiner Wucht auf einen Schlag vieles in Frage, leider auch das Gute, sodass eine vernünftige Analyse im Kreise der gesamten Mannschaft von Nöten ist, um den „Kompass klar zu kriegen“ und die wirklichen Ursachen eindeutig zu identifizieren.

 

Das hatten die Senner dann auch am vergangenen Dienstag mit teils nüchternen Betrachtungen, teils mit flammenden Beiträgen getan und somit einen ersten Schritt zur Verarbeitung des „Bloody Sunday“ unternommen. Mit einem gewissen Stolz bleibt von offizieller Seite zu konstatieren, dass die Senner Jungs dann auch nicht viel Zeit verschwendeten, um sofort damit zu beginnen, einiges davon umzusetzen, was sie sich für die Zukunft vorgenommen hatten.

 

Ich habe inzwischen genug Kreisligaluft geatmet, um die die feinen Unterschiede zu erkennen, die sich in Training und Wettkampf Woche für Woche ergeben und die damit verbundenen Vorzeichen zu interpretieren, wenngleich man sich auch immer mal vertun kann.

 

Grundsätzlich bleibt für die Woche eins nach Brake zu bilanzieren, dass im Training konzentrierter, ehrgeiziger und aggressiver agiert wurde als zuletzt. Hier tat sich bemerkenswerterweise neben Leitwolf „Big Mow“ Dennin insbesondere Jungspund Til Stelbrink hervor, der eine starke Trainingswoche absolvierte. Aber grundsätzlich brauchte sich unter der Woche niemand der Aktiven für seine Trainingsleistung zu schämen, sodass die Mannschaft gut gerüstet und aktiviert in das Match gegen Vorjahresmitaufsteiger TuS Hillegossen ging.

 

 

 

Co-Coach Christian Lyko stand am siebten Spieltag alleine an der Seitenlinie des Waldbadexpresses und vertrat den urlaubenden Mike Wahsner. Coach Lyko fand für seine Verhältnisse viele Worte vor dem Spiel und stellte das Team gut ein, forderte er insbesondere die Bereitschaft, sich mit viel Geduld und Konzentration zunächst die erforderliche Sicherheit wiederzuholen, ehe man unversehens in Fallen des Gegners lief.

 

Lykos Worte fanden Gehör und wurden mit einer zuletzt des Öfteren vermissten Geradlinigkeit umgesetzt. Das führte zwar im ersten Durchgang zu keinem schönen Fußballspiel, legte aber den Grundstein für den späteren deutlichen Erfolg.

 

Die Rückkehr von „Center“ Malte Hawerkamp brachte in der Zentrale neue Sicherheit, wobei Hawerkamp eine starke Leistung darbot. Auch Stephan Dopheide fing sich schnell, agierte im weiteren Verlauf kompromisslos und ergab mit Hawerkamp eine ordentliche Innenverteidigung. Gleiches galt für den wieder nach außen geschobenen Moritz Dennin, der neben seiner starken kämpferischen Darbietung auch den Senner Spielaufbau wieder entscheidend mitgestaltete. Die starke Defensivleistung rundete der zweite „Außen“, Til Stelbrink, ab, der neben seiner enormen Bissigkeit und Laufbereitschaft, seine Schwächen im Spielaufbau zunehmend in den Griff bekommt.

 

Eine wahre Energieleistung lieferte der unverwüstliche Florian Helmke auf der Sechs ab. Helmke ackerte sich in das Match, scheute im Zentrum des Geschehens vor keinem Zweikampf und machte als Fußballästhet und Spielkreativer viel Schmutzarbeit für seine Farben. Kapitän Michel Dennin als Helmkes Co-Sechser zeigte zwei grundverschiedene Halbzeiten. Im ersten Durchgang noch verunsichert und mit viel ungewöhnlich vielen Fehlpässen, steigerte sich der Senner Spielkreative im zweiten Durchgang maßgeblich und nahm dann die Zügel deutlich in die Hand, wodurch das Senner Spiel in den zweiten Fünfundvierzig wesentlich zielstrebiger, rhythmischer und effektiver wurde. Gleiches galt für Simon Czernia, der nach einer völlig verschlafenen ersten eine ordentliche zweite Halbzeit absolvierte und mit dem entscheidenden Nachsetzen in der Schlüsselszene der Partie den Weg für das 1:0 ebnete. Eine bärenstarke Partie aus dem Nichts lieferte Luka Marquardt, der sich zwar auch zunächst auf der Außenbahn akklimatisieren musste, dann aber für die Gäste kaum mehr zu halten war und zwei Treffer erzielte.

 

Malte Gruner schien sich von seinen schwierigen Vorwochen auch allmählich erholt zu haben und war wieder ganz anders präsent als in Brake. Timon Finger tat indes das, was ein Torjäger tun muss und besorgte mit dem 2:0 die Vorentscheidung, er wird seinem Team in den kommenden Wochen wohl schmerzlich fehlen.

 

Timon Finger hat den Torwart überwunden und trifft zum 2:0
Timon Finger hat den Torwart überwunden und trifft zum 2:0

Aufgrund administrativer Probleme beim Spielbericht der Gäste, begann die Partie auf dem ordentlich besuchten Senner Waldbad einige Minuten später, der erste Durchgang verdient allerdings im weiteren keine großartige Beachtung. Die Senner Mannschaft agierte natürlich nicht wie eh und je sondern verhielt sich genauso, wie der Trainer es gefordert hatte. Die Senner bemühten sich um Ballbesitz und Spielregie, ließen die Kugel gegen vergleichsweise weit herausrückende Hillegosser immer wieder hinten herum zirkulieren und schafften sich damit vor allem eines: Viel Sicherheit. Dennoch wirkten einige Akteure der Blauen noch nicht wieder dort, wo sie sich eigentlich vom fußballerischen Potential befinden, aber so eine Phase muss man den einzelnen dann vielleicht auch einfach mal zugestehen. Die Gäste wirkten darüber hinaus zwar in den Zweikämpfen bemüht und leidlich griffig, offenbarten aber kaum die starke spielerische Linie von vor wenigen Monaten.

 

Entsprechend egalisierten sich beide Teams immer wieder im zentralen Mittelfeld durch Ballverluste im Zweikampf oder Fehlpässe, sodass die Bratwurst zur Halbzeit die wohl würzigere Alternative zu dem war, was auf dem grünen Rasen dargeboten wurde. Lediglich Luka Marquardt hatte bis dahin mit einem „halben“ Torschuss für ein wenig Gefahr gesorgt.

 

 

Als jedoch der Schiedsrichter, der bei vielen kleinen Entscheidungen verdeckt stand und damit unglücklich entschied, zum zweiten Durchgang bat, da lief plötzlich ein ganz anderer Film auf dem Senner Rasen. Die gefühlte „Handbremse“ war plötzlich wie weggeblasen und die Senner lieferten wie ausgewechselt einen Sturmlauf nach dem nächsten in Richtung Gästetor. Mit vereinten Kräften und zahlreichen Paraden des Hillegosser Schlussmanns vereitelten die Ortsnachbarn zunächst noch die Senner Führung, aber lange konnte das nicht mehr gut gehen. Spätestens als Timon Finger am geschlagenen Torhüter vorbei war und den letzten verbliebenen Gästeverteidiger im ansonsten leeren Tor abschoss, waren gerade erst 12 Minuten in der Abwehrschlacht um das Gästetor gekämpft.

Stephan Dopheide, hier ungewohnt offensiv, scheiterte nach einem Standard nur knapp...
Stephan Dopheide, hier ungewohnt offensiv, scheiterte nach einem Standard nur knapp...

Die Gäste wirkten abgespannt und konnten dem Senner Spielrhythmus jetzt nichts mehr entgegensetzen. Nur eine Minute nach Fingers beinahe 1:0 wird Simon Czernia auf der rechten Seite zur zentralen Figur, als er einen schon verloren geglaubten Ball doch noch erlangt und in den Rücken der Abwehr schleusen kann. Auf engstem Raum spielen die Senner die Kugel wie beim Handball auf der Sechzehner Kante hin und her, bis der einlaufende Luka Marquardt links an die Kugel kommt und jene kompromisslos in die Maschen knallt. Das 1:0 ist die ersehnte Erlösung, wie ausgewechselt sind die Waldbadkicker, engagiert und plötzlich voller Selbstbewusstsein. Fast im Zweiminutentakt kreieren die Technik-Virtuosen um Kapitän Michel Dennin, Flori Helmke, Malte Gruner und Timon Finger unter optimaler Einbeziehung der Außenläufer Chance für Chance, sodass Timon Finger keine zehn Minuten nach der Führung auf 2:0 für Senne erhöhen kann. Die Partie gegen platt wirkende Gäste scheint entschieden, aber der Waldbadexpress nimmt beinahe erstmalig in dieser Saison wieder richtig Fahrt auf. Malte Gruner besorgt mit einem weiteren schön herausgearbeiteten Tor das 3:0, das Tor des Tages erzielt aber Man of the Match Luka Marquardt mit seinem zweiten Treffer, als er aus überspitzem Winkel das Leder mit gefühlten 200 Sachen ins kurze Eck des Gästetores ballert.

 

 

 

Mit 4:0 endet die Partie des Senner Waldbadexpress gegen zunächst engagiert verteidigende Hillegosser, deren Hoffnung auf Punkte in Senne sich gefühlt mit dem 1:0 verabschiedet hatte.

 

 

 

Es ist noch viel zu früh anzunehmen, dass das Brake-Debakel damit passé ist. Die Mannschaft hat sich zunächst einmal mit einer engagierten und geduldigen Leistung viel Sicherheit und Selbstvertrauen in die eigenen Fähigkeiten zurückgeholt. Soweit so gut. Allerdings wäre es ein Trugschluss anzunehmen, dass es reicht jetzt mal eine Woche etwas intensiver trainiert und damit schon alles bewirkt zu haben. Die kommenden Wochen werden aufgrund erneut zahlreicher Ausfälle alles andere als einfach. Bereits am kommenden Wochenende reist man nach Heepen zu der Mannschaft, die nur eine Woche nach dem Senner Alptraum den Tabellenführer das Fürchten gelehrt hat.

 

Für den Waldbadexpress geht es jetzt ausschließlich darum, erst einmal das neugewonnene Mannschaftsgefühl und die positive Stimmung weiter zu konservieren und sich nicht erneut mit irgendwelchen unnützen Gedanken unter Druck zu setzen. Die feine Mischung aus Ernsthaftigkeit und Konzentration, Aggressivität und Ehrgeiz sowie Spaß am Fußball und Miteinander stellt sich gerade wieder ein. Von dieser Melange kann und wird das junge Team nur profitieren, sie zu erhalten ist oberster Auftrag aller Verantwortlichen.

 

 

 

Man of the Match: Luka Marquardt