Schwere Fehler und einfach kein Glück - Waldbadexpress scheitert mit 2:3 an Versmolder Mauer

(sm) Wie schon in den vergangenen Jahren tut sich der TuS 08 auch in dieser Saison mit dem Auftakt nicht leicht und muss bereits am zweiten Spieltag in eine empfindliche Niederlage einwilligen. 2:3 hieß es nach 90 Minuten auf dem Versmolder Kunstrasenplatz an der Schulstraße, wobei schwere Senner Fehler in Spielaufbau und Defensive sowie ein beherzt kämpfendes und verteidigendes Heimteam den Ausschlag gaben.

Senne kam vor allem im zweiten Durchgang zu zahlreichen Standards am gegnerischen Strafraum, ein weiterer Treffer wollte aber auf diese Weise nicht mehr gelingen.
Senne kam vor allem im zweiten Durchgang zu zahlreichen Standards am gegnerischen Strafraum, ein weiterer Treffer wollte aber auf diese Weise nicht mehr gelingen.

Der Zeitraum des Saisonbeginns ist bei mir grundsätzlich "Magengeschwür-Zeit". Auf der einen Seite ist der ganze "Troubel" um den "Wechselzirkus" stets eine nervenaufreibende Sache, die nicht nur bei Borussia Dortmund, sondern auch beim "non-commerical"-Club Senne enorm Energie und gute Argumente kostet. Zum anderen müssen die Verantwortlichen, die durch das sensationelle Erreichen der Bezirksliga-Relegation sogar noch potenzierten Erwartungen der lokalen Medien, des "Kreisliga-Klüngels" und Senne-Fans an die blutjungen Truppe (in der niemand älter als 25 Jahre ist), auffangen, abfedern und in homöopathischen Dosen behutsam wieder an das Team abgeben. Das ist natürlich in einer Zeit, in der selbst die Kreisliga C mehr oder minder voll medial transparent ist, ein schier unmögliches Unterfangen. Daher ist und bleibt es Hauptaufgabe von Vorstand und sportlich Verantwortlichen des TuS 08, im ersten Saisondrittel mit stoischer Gelassenheit und Geduld den Orkan der externen Einflüsse mit breitem Kreuz von den eigenen Schützlingen so gut es geht fern zuhalten. Mit der so gewonnenen Ruhe und viel, viel Vertrauen in die jungen Leute gilt es dann die Herausforderungen zu meistern, die die Verwerfungen zwischen den Spielzeiten naturgemäß mit sich bringen.

 

Vor einem guten Vierteljahr noch, konnte man durch ein 2:0 beim heutigen Gegner Versmold einen so wichtigen Dreier landen, der am Ende den Weg in die Bezirksliga-Relegation mit ermöglichte. Mike Wahsner und Christian Lyko mussten sehr kurzfristig auf den sich in bestechender Form befindlichen Philipp Schlegel verzichten, der sich mit einer Fußentzündung abmeldete. Hinzu kam neben dem Fehlen der noch nicht wieder fitten, längerfristigen Ausfälle, das Fehlen von "Forward-Fighter" Florian Helmke, der vor einigen Monaten noch die wichtige Führung erzielte. Mit von der Partie war erstmalig der 19-jährige Lawin Celik, der den an einer Zerrung laborierenden Stephan Dopheide ersetzte und an der Seite von "Center" Hawerkamp sowie den Außenverteidigern Moritz Dennin und Luka Marquardt auflief. Urlaubsrückkehrer Michel Dennin spielte mit Ex-Junior Ole Gruner auf der doppelten Sechs, der jüngere "Gruner-Brother" tat sich aber trotz seines permanent hohen Aufwands schwer mit der heutigen Partie, mühte sich aber redlich um Zugang. Ähnlich erging es den Senner "Flügelflitzern" um die 19-jährigen Simon Czernia und Matthes Schwabedissen, die gegen die engagiert fightenden Gastgeber nicht die gewohnte Durchschlagskraft entfalten konnten und durch Ballverluste die wenigen aber gefährlichen Gegenstöße des in der Vergangenheit als Dauerfavorit gehandelten Altkreis-Clubs ermöglichten. In bisher nicht dagewesener Form und Griffigkeit präsentiert sich derzeit Malte Gruner, der über die gesamte Spieldauer hinweg zum Senner "Center of Gravity" avancierte und offenbar an der neuen offensiveren Ausrichtung viel Freude hat, allerdings mit dem "Preisschild" des über 90 Minuten "getreten werdens". Die Senner Sturmspitze Timon Finger hatte einen ganz harten Tag zu durchstehen, mangels Bällen von außen sah er sich immer wieder im Laufduell mit dem starken Innenverteidiger der Versmolder, der irgendwie kurz vorm Abschluss den Fuß noch dazwischen bekam, sodass Finger sein gefährliches Strafraumspiel nicht entfalten konnte.

Auch "Center" Malte Hawerkamp, mit seinen 25 Jahren der dienstälteste Senner auf dem Platz, konnte die unnötige Niederlage im Altkreis Halle nicht verhindern.
Auch "Center" Malte Hawerkamp, mit seinen 25 Jahren der dienstälteste Senner auf dem Platz, konnte die unnötige Niederlage im Altkreis Halle nicht verhindern.

Die Partie auf dem netten Kunstrasen in Versmold gab zunächst eine deftige Herbst-einstimmung: Irgendwer in Platznähe verbrannte mutmaßlich Laub, sodass immer wieder ein stechender Brandodeur über den Platz zog. Die erste Aktion gehörte sogleich den Gastgebern, die sich stets mit langen Bällen nach vorne arbeiteten und dadurch zu einer Vorhergabe von links kamen, aber Malte Hawerkamp hatte aufgepasst und konnte die Situation mit Keeper Florian Krogmann entschärfen. Von Beginn an gingen sämtliche Voraussagen des Senner Trainers Mike Wahsner in Erfüllung, einzig die Spieler auf dem Platz konnten die Informationen ihres Orakels nicht sinnvoll verwerten. So zogen sich die Gastgeber weit in die eigene Hälfte zurück, machten hier die Räume eng und arbeiteten gegen den Ball. Das Senner Spiel zerstören, die Gäste in Zweikämpfe zwingen und dann mit langen Bällen oder schnellen Kontern nach vorne kommen, war die Versmolder Devise und sie ging dank schwerer Fehler des Waldbadensembles im ersten Durchgang zu 100% auf. Schicksalhaft auch die Entscheidungen der Schiedsrichterin, die bereits vor drei Monaten die Partie der Kontrahenten pfiff. Bei einem der ganz wenigen Vorstöße der Versmolder in der Anfangsphase, sind Ball und Gegner im Zweikampf eigentlich in einem ungünstigen Winkel zum Tor, als Lawin Celik ein wenig ungestüm zu Werke geht, sodass die Schiedsrichterin auf Elfmeter entschied. Pikant: Eine ähnliche Situation durchlebten die Mannschaften vor drei Monaten, als die Pfeife der Schiedsrichterin stumm blieb. Tja, so ist das im Fußball, am Ende gleicht sich immer alles aus.

Der Senner Torwart Florian Krogmann ist mit den Fingerspitzen an dem scharf geschossenen Elfer dran, kann das frühe Gegentor aber nicht verhindern, ein ernüchternder Auftakt für Senne. Auch wenn die Waldbadkicker das augenscheinlich klar dominante Team sind, kommt am Ende zu wenig im letzten Angriffsdrittel dabei herum. Zwei Mal wird Timon Finger mustergültig in den Lauf bedient, der Versmolder Innenverteidiger gewinnt aber die Zweikämpfe, sodass es zu keinen Torabschlüssen in aussichtsreicher Position kommt. Generell versuchen sich die Südbielefelder in flexiblen Torabschlüssen aus nah und fern, aber es ist bis hierher unter dem Strich zu ungefährlich, was das Wahsner-Team auf das Heimtor bringt, zudem machen die Senner Außenspieler zu wenig aus den verwundbaren Flanken der Gastgeber. Diese nutzen wiederum die teils schweren individuellen Fehler im Senner Spielaufbau. Das 0:1 ist gerade verarbeitet, da verlieren die Senner in halbllinker Position einen vermeidbaren Zweikampf und ermöglichen den Gastgebern einen Stoß gegen die herausrückende Senner Hintermannschaft. Schnell schaltet die Spielvereinigung um, bedient über drei Stationen den perfekt einlaufenden Sturmtank, der aus gut 18 Metern den Torabschluss sucht und Florian Krogmann mit einem halbhohen, sich nach außen wegdrehenden Torschuss zum 2:0 überwindet. Gegen eine so defensiv eingestellte, lauernde Mannschaft auf diese Weise in Rückstand zu geraten, war eine eine ernstzunehmende Hypothek, von der sich das junge Waldbadensemble jedoch nicht über die Maße beeindrucken ließ. Allerdings bleibt zu konstatieren, dass die Gastgeber im ersten Durchgang die Mehrzahl der Zweikämpfe gewannen wodurch das Senner Spiel erheblich an Zusammenhang verlor. Trotzdem gelingt den Sennern Mitte der ersten Hälfte der so wichtige Anschluss, als Malte Gruner einen von zahlreichen Freistößen in Tornähe so hart in die Gefahrenzone bringt, dass die Gastgeber diesen letztendlich selber zum 1:2 im Gehäuse unterbrachten. Jetzt war für eine Zeit lang die erforderliche Verunsicherung in der heimischen Hintermannschaft, aber die Gastgeber kämpften sich zurück und nutzten in der Entstehung eine Kopie des 2:0 für das 3:1. Dieses Mal geht der Ball in der Vorwärtsbewegung bei Simon Czernia verloren und die Versmolder bringen wieder den Pass auf ihre einzige Sturmspitze. Malte Hawerkamp verliert in zentraler Position an der Mittellinie den entscheidenden Zweikampf und der heimische Stürmer zieht mit Ball am Fuß in Richtung Florian Krogmann, der im eins-gegen-eins unterlegen ist und die 3:1-Pausenführung nicht vereiteln kann.

 

Mike Wahsner ist zum Pausentee grundsätzlich bedient, hatte er die Handlungsweise des gegnerischen Teams doch annähernd vollständig prognostiziert. Wieder einmal kann man sich natürlich auf die komfortable Argumentation der jungen und in der Breite unerfahrenen Mannschaft berufen, aber das greift hier ein wenig zu kurz, denn irgendwo muss man natürlich erwarten können, dass die Worte des Trainers vor dem Spiel nicht nur eine Art "Grundrauschen" sind, sondern auch im Spiel umgesetzt werden. Es ist auch zu einfach hier der Abwehr den "Schwarzen Peter" zuzuschieben, denn zentrale Ballverlustereignisse in der laufenden Offensivbewegung der eigenen Mannschaft zu verteidigen, ist enorm schwer, insbesondere dann, wenn der klassische "Abfangjäger" fehlt. Dementsprechend machte Coach Wahsner seinem Team eine deutliche Ansage zur Pause und dieses setzte diese sogleich in noch mehr Bemühen um.

"Hoch rein" war vielleicht ein paar Mal zu oft das Mittel der Wahl gegen die großgewachsene Versmolder Innenverteidigung
"Hoch rein" war vielleicht ein paar Mal zu oft das Mittel der Wahl gegen die großgewachsene Versmolder Innenverteidigung

Versmold igelte sich im zweiten Durchgang beinahe 45 Minuten mit elf Mann in der eigenen Hälfte ein und arbeitete engagiert daran, den zwei Tore Vorsprung so lange wie möglich aufrecht zu erhalten. Einen Vorwurf kann man dem Senner Team in dieser Phase nur schwerlich machen und wenn, dann den, dass es nicht versucht wurde, noch flexiblere Lösungen für den massiven Abwehrriegel der Gastgeber zu finden. Gleich zwei Mal traf man aus dem Spiel heraus und durch einen starken Freistoß das Aluminium der Querlatte oder verhinderte der Versmolder Keeper den Anschluss. Immer wieder versuchte man sich in die heimische Gefahrenzone zu spielen, aber insgesamt hätte der "Nachbrenner" vielleicht spätestens zur Mitte der zweiten Halbzeit gezündet werden müssen. So verrann die Zeit, man übte sich in Geduld, kam aber nicht in letzter Konsequenz vor das gut verteidigte, gegnerische Tor. Ein weiterer schwerer Schnitzer in der Senner Hintermannschaft hätte die Partie beinahe entschieden, Versmold blieb bei Entlastungskontern stets gefährlich. Die grundsätzlich mit solider Härte geführte Partie wurde entsprechend immer hektischer, sodass die Schiedsrichterin ihre Souveränität zusehends einbüßte und sich am Ende nur noch mit dem Verweis auf den Gelben Karton erwehren konnte. Hier hätten die Senner besser mehr Energie darauf verwendet, sich gegenseitig zu "pushen" und alle Energie in eigene Aktionen zu investieren. Die Gastgeber machten alles richtig, nutzten die Hektik für die eigenen Zwecke und kauften dem Senner Team somit am Ende den Schneid ab. Durch den 2:3-Anschlusstreffer wurden die letzten 5 Minuten nochmal richtig spannend, aber die Senner agierten zu viel mit hohen Bällen in die Gefahrenzone, wo die baumlangen Innenverteidiger der Gastgeber absolute Luftherrschaft genossen, anstatt mit scharfen, flachen Bällen in das zentrale Getümmel, das eigene Heil zu suchen.

Die letzten Aktionen waren somit alle überhastet, hier wäre jetzt ein mehr an Konzentration in einer einzelnen Aktion sicher mehr wert gewesen, als die zahlreichen nervös nach vorne rein gespielten hohen Dinger. Am Ende half es alles nichts und die Gastgeber durften sich über einen aufgrund der kämpferischen Leistung und gnadenlosen Effizienz nicht völlig unverdienten Dreier freuen, während die Senner Jungs tief enttäuscht vom Platz schlichen.

 

Natürlich kann man sich nach diesen 90 Minuten vortrefflich darüber ärgern, dass die eine Woche zuvor mit 0:5 derbe unter die Räder geratene Gastgebermannschaft hier mit einer höchst destruktiven Linie agierte und kaum einen ansehnlichen Ball zelebrierte. Am Ende muss man aber so fair sein und anerkennen, dass die Gastgeber in Anbetracht der Möglichkeiten vieles richtig gemacht haben, eine deutlich geringere Quote an schweren bis schwersten Fehlern zu verzeichnen und in den entscheidenden Momenten das nötige Quäntchen Fortune hatten. Gepaart mit einer vor allem in der ersten Halbzeit besseren Zweikampfbilanz kommt somit diese denkbar knappe Senner Niederlage zustande, die man unter dem Strich aber als absolut unnötig bewerten muss. Leider kündigte sich das heute gleich doppelt zu beklagende Fehlermuster in den vergangenen Wochen bereits an. Wie schon in der vergangenen Saison ist zu diesem Zeitpunkt der personelle Umbruch im Senner Team noch nicht abgeschlossen und insbesondere der Defensivarbeit fehlt noch der solide Charakter der zurückliegenden Rückserie. Wir erinnern uns an die furchtbaren Klatschen von vor einem Jahr, als man sich gleich doppelt mit sieben Gegentreffern, erfahrenen A-Ligisten geschlagen geben musste. Nach vorne geht immer was, allerdings darf man die Abwehrspieler nach schwerwiegenden Fehlern und Ballverlusten im Aufbau nicht so alleine lassen. Das geht alle an!

Das Senner Team verfügt über eine enorme Spielstärke, jetzt müssen aber die Werte, von denen der Fußball lebt, Kampf- und Siegeswillen sowie Laufbereitschaft um jeden Preis, die von einigen Führungsspielern auf dem Platz exzellent vorgelebt werden, insbesondere von den jüngeren Spielern in die eigenen Spielweisen adaptiert werden. Das heißt von Minute eins an hellwach sein, Spielsituationen lernen zu antizipieren, nicht "pennen" und bei eigenen Fehlern hinterherzurennen, als ginge es um nichts Geringeres als den Weltuntergang. Die eigene Verantwortung für die Mannschaft und deren Spiel zu erkennen ist dabei von primärer Bedeutung.

Das wird alles nicht von heute auf morgen gehen, aber die Voraussetzungen dafür werden in jeder Trainingseinheit und in jedem Spiel individuell geschaffen. Die eigene Einstellung zu diesem Lernprozess ist entscheidend. Daher lassen wir den ganzen "Top-Favorit"-, "Mit-Favorit"-, "Geheim-Favorit"- und "Favoriten-Favorit"-Blödsinn einfach mal wieder hinter uns und tun das, was wir am Senner Waldbad immer schon am Besten gekonnt haben: Mit Spaß, guter Laune und "Bock auf Fußball" in jedes verdammte Spiel gehen.

 

Mit dem VfL Ummeln reist am kommenden Sonntag eine starke Mannschaft zum Lokalderby ans Senner Waldbad. Ein absolutes Muss für jeden Senner Fußballfan. Der Waldbadexpress wird allerdings bereits wieder am Dienstag in Aktion treten, wenn es in der ersten Runde des Kreispokals wieder in Richtung Versmold geht, dieses Mal aber zum starken B-Ligisten SG Oesterweg, der sicher auf eine Pokalüberraschung schielt.

 

Man of the Match: Malte Gruner